Ich bin ein Angsthase. Ein richtig großer, denn ich fürchte mich vor vielem. Davor, neue Wege einzuschlagen, davor nicht gut genug zu sein, davor andere zu enttäuschen und davor, die falschen Entscheidungen zu treffen. Ohnehin brauche ich für Entscheidungen unheimlich lange. Ich wäge ab, überlege hin und her, stelle mir vor, was die eine Entscheidung bedeuten würde und was die gegenteilige mir bringen könnte, würde und sollte. Anstrengend! Und trotzdem wichtig, denn so eine Selbstständigkeit entwickelt sich und wächst. Du startest in den Kinderschuhen und machst noch die ersten unsicheren Schritte. Aber du wirst größer und dadurch sicherer. Größer meint jetzt nicht unbedingt, dass du nach fünf Jahren 100 Mitarbeiter haben musst, sondern auch dein persönliches Wachstum als Unternehmerin. Du lernst als Selbstständige permanent dazu und feilst an deinem Business, bis es so glänzt, wie du es haben möchtest. Und ist es dann blank poliert, tut sich irgendwo wieder eine Idee auf, was noch alles möglich wäre.
Wachstumsschmerzen und Wachstumsfreuden
Ich liebe es, diese Entwicklung zu beobachten. Wenn ich heute überlege, dass ich mich monatelang nicht getraut habe zu kündigen und sogar fast zwei Jahre nebenberuflich selbstständig war, bis ich es dann doch gewagt habe, bin ich schon ziemlich stolz darauf, wo ich heute stehe. Allen Zweifeln zum Trotz – den eigenen und denen von außen. Von dieser Warte aus ist das eigene Business wachsen und reifen zu sehen wunderschön. Doch gleichzeitig leide ich regelrecht unter Wachstumsschmerzen. Ich vergleiche mich zu viel und habe das Gefühl, dass andere mich überholen. Dass andere schneller reagieren, völlig arglos All In gehen und ihr Business massiv nach vorne pushen. All das bin ich nicht. Ich bin die Grüblerin und brüte lange über meinen Entscheidungen. Sehr lange fand ich das blöd und wollte gerne so sein wie die anderen. Ich wollte auch so nach vorne gehen können und mich so in Szene setzen – muss man doch irgendwie als Selbstständige, um zu überleben, oder? Mehr und mehr merk ich, dass ich das nicht muss. Sondern, dass es ok ist:
- meine Entscheidungen langsam zu treffen
- nicht massive Akquise zu betreiben
- eher selten zu netzwerken
- mich nicht selbst zu überholen
Nehme ich mir dadurch ein Stück vom Erfolg? Nein, ich glaube nicht. Zumindest nicht in meiner Definition, in der Erfolg mit Wachsen im eigenen Tempo zu tun hat und nichts mit einem Wettrennen.
Und die Angst?
Als ich noch angestellt war, stellte ich mir, dass die Selbstständigkeit quasi wie eine Anstellung vor, bis auf den Unterschied eben meine eigene Chefin zu sein. Doch das war viel zu kurz gedacht. Ich bin mein Business und mein Business wächst mit mir. Ich entscheide, welche Richtung mein Unternehmen nimmt, welche Kundenanfragen ich annehme, welche Dienstleistungen ich anbiete und welche auch nicht. Gestartet bin ich mit einigen Stammkunden aus meiner nebenberuflichen Selbstständigkeit, das war am Anfang wie ein Selbstläufer. Doch mit der Zeit änderte sich meine Positionierung, mein Angebot wurde präziser und meine Ansprüche an mich selbst höher. Ich wollte mehr Kunden erreichen, aber dafür musste ich sichtbarer werden. Es klingt banal, aber als ich meinen ersten Facebook-Post für mein Business formuliert hatte, war das für mich ein Meilenstein. Offen und für alle sichtbar sein zu wollen, das ist mir nicht gerade in die Wiege gelegt. Aber es wird mit jedem Mal besser. Die Angst geht nicht weg, sie geht quasi mit. Und mit jedem weiteren Schritt ist es leichter, dass sie da ist.
Mutausbrüche wagen
Schnell starten und einfach machen ist nicht meins. Und mich mit anderen vergleichen, die schon so viel mehr erreicht haben, entmutigt mich so sehr, dass ich dann am liebsten gar nicht mehr starten möchte. Deshalb habe ich meine eigenen Strategien gefunden, wie ich auf leise Art und Weise wachsen kann und die Angst vorm Wachstum mehr und mehr in den Hintergrund dränge. Vielleicht helfen dir diese Punkte auch, deinen Mut nicht zu verlieren und dich aufzumachen, die Angst immer wieder zu überwinden. Katharina Lewald hat dazu neulich eine sehr inspirierende Podcast-Folge aufgenommen. Hör sie dir unbedingt an, wenn du selbstständig bist und mit Ängsten zu kämpfen hast. Hier ist der Link zur Folge: Transformation.
Tu es mit der Angst!
Was hilft mir also? Hier meine wichtigsten Tipps:
Kleine Schritte:
Wer dir erzählen möchte, dass du nur mit Riesensprüngen weiterkommst, lügt. Jeder einzelne Schritt, und sei er noch so klein, bringt dich weiter. Jeder geht unterschiedlich mit Wegen um. Während den einen viele To-dos anspornen und zu Höchstleistungen treiben, sind andere durch sie entmutigt und eingeschüchtert. Mein Tipp daher: Teile dir den Berg in kleine Etappen, wenn er dir unbezwingbar erscheint. Du musst nicht innerhalb von sechs Wochen einen Blog starten und 20 Posts geschrieben sowie auf sechs Social-Media-Kanälen beworben haben. Setze dir realistische kleine Steps. Ein Blogpost pro Woche oder auch einen alle zwei Wochen, egal. Selbst wenn du nur einmal im Monat bloggst wirst du Ende des Jahres deutlich weiter sein als heute. Gib nicht auf, weil du nicht alles auf einal schaffen kannst, sondern gehe kleine Schritte.
Fokussieren:
Entscheide dich für das, was dir wichtig ist! Auf allen Hochzeiten tanzen ist ohne Unterstützung schwierig, also beginne einfac mit einer. Probier beispielsweise erst einmal Facebook, Instagram oder Pinterest aus und finde heraus, ob einer diese Kanäle der richtig für dich ist. Dann taste dich weiter voran und nimm einen zweiten dazu. So, wie es dir gut tut. Fokussiere dich auf eine Sache und mach diese richtig, statt alles ein bisschen zu betreiben.
Klare Ziele:
Formuliere klare Ziele und kein schwammiges „Wäre schon schön, wenn…“ Plane z. B. 2 Blogposts pro Monat und überprüfe am Ende des Monats, ob du dieses Ziel erreicht hast. Diese Planungen kannst du für den Monat, fürs Quartal oder auch für das Jahr machen. Wichtig ist, dass du sie aufschreibst und dir immer wieder ansehen kannst. Dann wirst du auch trotz der zwischendurch immer wieder aufblitzenden Angst durchalten und dranbleiben.
Wechsel von Mutausbruch und Pause:
Es gibt Menschen, die springen scheinbar von einem Erfolg zum nächsten. Heute hier, morgen dort und nicht aufzuhalten. Als introvertierter Mensch ist mir das zu viel. Ich bin sehr dafür, Mutausbrüche zu wagen und sich aus der eigenen Komfortzone herauszuwagen. Aber ich bin auch eine Verfechterin dessen diesen geschafften Erfolg dann auch zu würdgen und nicht im nächsten Atemzug gegen den noch größeren Erfolg zu ersetzen. Schritte gehen und dann wieder pausieren, das gibt mir Energie aufzutanken und die Richtung für die nächsten Aufgaben festzulegen.
Siege feiern:
Hast du große Ziele? Feiere trotzdem die kleinen Erfolge! Visualisiere, was du schon alles geschafft hast und nicht, was du alles noch nicht geschafft hast. Sieh nicht srgenvoll in die Zukunft, sondern male dir aus, wie schön es sein wird, den nächsten Meilenstein geschafft zu haben. Sei gut zu dir und gönne dir eine Erfolge zu feiern. Jeden einzelnen, so klein er auch aussehen mag. Ein Vision Board ist eine tolle Sache, die dir dabei hilft die guten Dinge zu fokussieren und deine Wünsche zu visualisieren.
Entscheidend sind die Schritte, nicht die Strecke
Um noch einmal auf Katharina zurückzukommen: Sie hat ein Motto in ihrem Arbeitszimmer stehen, das ich dir gerne mitgeben möchte . „You have to do it scared“. Du musst es mit der Angst tun und trotz der Angst. Sie geht nicht weg, sie wird nur erträglicher. Aber das wird sie ganz gewiss mit jedem Meilenstein, den du erreichst. Achte auf dich und hör auf dein Bauchgefühl. Es verrät dir, wie viel Tempo dir gerade gut tut und wann du eine Pause von deinen Mutausbrüchen brauchst. Denk daran: Jeder Schritt ist ein Erfolg!